Das Rittergut Störmede – Einst und Heute

Das denkmalgeschützte Rittergut Störmede blickt auf eine lange und ereignisreiche Zeit zurück. Unter dem selbst ernannte Werno von Störmede (ursprünglich: Werno de Lippia), begann im 12. Jahrhundert der erste Bau. Seitdem war das Areal von Zerstörung, Wiederaufbau, Erweiterung und sich verzweigenden Linien der dort residierenden Edelherren gezeichnet.

Das Rittergut im Jahre 1898

Diese Doppellinien führen im Laufe der Zeit zum einen dazu, dass gleich zwei, zuweilen auch drei, ebenrangige Herrensitze in Störmede entstehen sowie das Bedürfnis dieser Familien, sich jeweils voneinander abzugrenzen. Also investierte man in ein neues Torhaus für einen separaten Zugang. Heute findet man das Gebäude in veränderter Form noch im sog. „Lübbeling“ wieder. Das Haus ist heute in seiner Funktion als Büro-Ateliers gestaltet.

Karl-Josef Freiherr von Ketteler und sein Bruder bilden das Schlußlicht in der Geschichte der hier ansässigen Adelsfamilien. K.-J. Fr. von Ketteler fühlte sich darüber hinaus dazu verpflichtet, die Historie aller herrschaftlichen Familien sowie die architektonische Gestaltung und Umwandlung der Burg Störmede nach den vorhandenen Quellen erneut zu rekonstruieren.

Das Rittergut Anfang des 20. Jahrhunderts

In den sechziger Jahren kam es dann schließlich nach dem Tod des Vaters, Richard Freiherr von Ketteler, zum Zerfall des Hauptsitzes und die Ruine wurde alsbald an die Stadt Geseke verkauft. In derer Hand blieb die Ruine noch bis in das Jahr 2010 hinein, als sich die Familie Bröggelwirth dazu entschloß, neben dem 2007 erworbenen Rittergut (Hohes Haus – Fachwerkgebäude aus dem 17. Jh.) auch diesen Teil des Burgareals zu erwerben und es zu neuer Blüte zu verhelfen.

In der Gestalt wie sich das heutige Schloß- und Rittergutsgelände präsentiert, hat es sich freilich nicht zu seinen Anfängen gezeigt. Der Ursprungsbau, die Burg des Werno von Störmede, hatte sich auf dem jetzigen Kirchplatz des Dorfes befunden, worauf noch etliche Funde in der Pfarrkirche hinweisen. Die Verlagerung des Burgareals auf den heutigen Platz geschah durch den eigenmächtigen Akt eines Edelherren von Störmede. Der Geschichte nach gründete er aus der Burgkapelle seines Urahnen Werno eine Eigenkirche.

Das Rittergut Anfang der 1960er Jahre

Die Kirche sollte dem Dorf als Pfarrkirche zur Verfügung gestellt werden. Ein uralter Streit entbrannte zwischen jenem Edelherr und dem damaligen Erzbischof in Paderborn – der Erzbischof von Köln spielte je nach Vorherrschaft eine ebenso große Rolle – , denn Verträge und Vasallentum banden die damaligen Herren eigentlich an gewisse Pflichten und Verbote, so dass mit der Umwandlung der Burgkapelle in eine Eigenkirche nur ein weiterer Stein wahrlich ins Rollen gebracht wurde.

Zwar wurde die Burg diesmal nicht durch den Bischof zerstört, wie es zuvor des Öfteren bereits geschehen war, dafür mußte sie aber aufgegeben werden. Es kam zu einem Neubau, in dessen Folge sich das Burgareal auf den heutigen Platz verlagerte und dort auch vergrößerte. Die Herren von Hörde, die die Linie derer von Störmede im 14. Jh. ablösten, hatten auf lange Sicht hin nicht mehr mit Bischöfen und deren zerstörerischen Angriffen zu rechnen, wohl aber dann mit Bränden, Zerfall und Übergriffen in Zeiten des Faustrechts.

So sind Türme und Torhäuser, mindestens zwei feste Häuser, die sich ungefähr an der Stelle des heutigen Hohen Hauses befanden, oder auch Vorwerke, aufgebaut worden und wieder verschwunden. Ebenso gibt es Funde von verschiedenen und immer größer werdenden Umwallungen, sowie Gräben, die das einstige Burgareal samt Dorf umschlossen.

Zerfall des Rittergutes

Bezeichnend bei allen Verlusten bleibt aber die immer wieder auftauchende, zweigeteilte Linie der Adeligen, die sich unmittelbar in der Bewohnung von zwei festen Häusern wiederspiegelte. Diese waren das sogenannte Alte Haus und das Hohe Haus; beide landtagsfähige Rittergüter. Hinzu kamen als bauliche Besonderheit ein weiteres sogenanntes Mittlere Haus.

Das Mittlere Haus bildete zeitweilig einen dritten Adelssitz für den Alhard von Hörde, sowie das Wappen des Bernd Sylvester von Hörde (Kleines Torhaus, mit Hördeschem Rad und Störmeder Rose), der im 17. Jh., schließlich vieles vom Alten beseitigte und den Aufbau der jetzigen Anlage herbeiführte. Ein Gartenhaus, das sog. Trillohaus, wurde, so wie es sich im 18. Jahrhundert gehörte, ergänzt und wird heute noch zu Wohnzwecken genutzt. Es befindet sich in südlicher Richtung abseits vom Gelände.

Zeitreise

  • 1155

    Werno de Lippia nennt sich, wegen Belehnung, Werno von Störmede – erster Herrschersitz (Festes Haus) entsteht. Dieser baut auf karolingischem Vorgängerbau eine Burg /Palas, auf einer künstlichen Anhöhung (Motte), in der bereits bezeichneten Marka Sturmithi. Mit Wall und Mauer (2 Meter tief ) – steht diese Burg noch bis um 1230. Diese war auf dem jetzigen Kirchplatz angesiedelt.

  • 1180

    Fundreste in der Pfarrkirche schließen darauf hin zw. 1180 und 1190 Enkel des Werno de Lippia, Rabodo II. und Reinher II., verkaufen ihr Eigentum an den Erzbischof von Köln, Philipp v. Heinsberg (Bedeutung: die Edelherren wurden Vasallen, vollzogen die „homagia“, Huldigung/ Unterwerfung des Ministerialen gegenüber ihrem neuen Dienstherren, dem Erzbischof).

    Rabodo nennt sich jedoch 1189 immer noch Edelherr „nobilis“ – führt dazu, dass die Eigenrechte höher bewertet werden als das Vasallentum, sowie zum unerlaubten Bauen weiterer Gebäude, was im Nachhinein zu Zerstörung und Wiederaufbau führte nach 1225 Neubau eines zweiten Herrschergebäudes, getrennt von der alten Burg – durch Reinherr II. entsprechend unerlaubt gegenüber dem Erzbischof zu Köln, – zweite Linie entsteht, drückt sich auch in Gebäuden aus.

    Dieses zweite Gebäude befand sich aller Voraussicht nach ungefähr an der Stelle, an der heute das „Hohe Haus“ steht. Des Weiteren Errichtung eines Ringwalls zur Vergößerung des Burgareals, um Zuflucht zu bieten für die mittlerweile gestiegene Anzahl von Bewohnern: dadurch ensteht zum ersten Mal das „Oppidum“ – eine befestigte Siedlung, die der Burg die Funktion einer Fluchtburg bis zum 15. Jh. zukommen lässt.

  • 1233

    Nun Zerstörung der Burg des Reinher II. (Oppidum) durch den Kölner Erzbischof . Reinher II. verschwindet aus der Linie, Rabodo II. erbt angeblich alles. Dieser darf mit Erlaubnis wieder aufbauen, erweitert sein eigenes Areal. Ausdehnung nach Westen, mit Anschluß an Störmeder TrilloBach (später trockengelegt), Errichtung eines zusätzlichen Turmes

  • 1277

    Erneute Zerstörung der zweiten Burg- und Dorfanlage (castrum et oppidum). Neubau erfolgt, die Form der Erweiterung wird durch Albert II. mit in den Burgring eingeschlossen. Es entsteht der für das Mittelalter typische Grundriß mit rechteckiger Form und einem Achsenkreuz von Straßen, wie er noch heute das Dorfbild prägen soll. Das Dorf wird mit einem Wall und Graben versehen, die Burg nach Südwest ausgelagert: an die Stelle des heutigen, bzw. ehemaligen „Schlosses“

  • 1280

    Übergang der Burg an die Familie v. Hörde (Friedrich I. von Hörde und Kunigunde I. von Störmede) – Es entsteht wieder eine zweite Linie in den Adelsfamilien. Die Söhne Thymmo und Albert VI. erhalten die Bauten (Thymmo das Alte Haus, 1387. Nördlich vom Neubau Albert II. ensteht ein weiteres festes Haus: das „Hohe Haus“ – beide Häuser sind durch einen gemeinsamen Wall geschützt – Das „Hohe Haus“ steht nicht an selber Stelle wie Jetziges, sondern näher zum „Alten Haus“ hin.

    Das heutige Haus benutzte für sein südliches Fundament die Reste der Nordwand des alten „Hohen Hauses“. Dieses alte „Hohe Haus“ stand auf Resten der Burg von Reinher II. Es ensteht eine Doppelburg mit zwei gleichrangigen Herren sitzen. Bemerkenswert für die westfälische Region 1438 wird der Wall von Albert II. nicht mehr ausgereicht haben, Gräfte um „Hohes Haus“ und „Altes Haus“ waren wohl verlandet. Aushebung neuen Grabens, Form führt hufeisenförmig um Altes Haus herum, läßt Landbrücke zu „Hohem Haus“ stehen – „Altes Haus“ steht auf einer Halbinsel

  • 1447

    Brand durch Soester Fehde. Burg ist teilweise zerstört

  • 1483

    Gründung des Kloster Nazareth durch die von Hörde

  • 1529

    entsteht in der Erbteilung ein weitere „Mittleres Haus“, ein dritter, kurz existierender Adelssitz für Alhard v. Hörde d. Älteren. Das „Hohe Haus“ fällt 1577 durch Heirat der Elisabeth von Hörde an den niederrh. Ritter Dietrich von Bocholtz. Es bekommt wegen Unstimmigkeiten zwischen den v. Bocholtz und den v. Hörde einen eigenen Zugang. Johann v. Hörde baut Torhaus, das nach Umbauten der jetzige Lübbeling ist

  • 1617

    Bernd Sylvester von Hörde errichtet eine komplett neue Anlage um das „Alte Haus“

  • 1650

    Erwirbt die Familie von Korffs zu Harkotten das „Alte Haus“ durch eine Schenkung

  • 1746

    Neubau des „Hohen Hauses“ durch die von Bocholtz´sche Linie, dieser entspricht dem heutigen Gebäude – um 1800 erwerben die von Bocholtz auch das „Alte Haus“ und sind damit im Besitz aller Güter 1835 früheste bekannte Ansicht vom Schloß Störmede. Ein Umbau gegen Ende des 19. Jh. bildet die Anlage in eine T-Form um

  • 1879

    Verkauf der Besitztümer an den Lippstädter Kaufmann Dietrich Modersohn

  • 1885

    Verkauf an Friedrich Clemens von Ketteler, (Eringerfeld) Nutzung des „Hohen Hauses“ als Verwalterwohnung Ende der 60er Jahre: Leerstand nach dem Tod des Freiherren von Ketteler und schrittweiser Zerfall des Alten Hauses

  • 1980

    Restaurierung des „Hohen Hauses“ durch die ehem. Eigentümer/Verwalter

  • 1985

    Burg/Schloß-Ruine: wird unter Denkmal gestellt und geschützt

  • 2010

    Kauf des Ritterguts durch Familie Bröggelwirth. Ausbau zu einem modernen Restaurant und Tagungszentrum.

Text: Daniela Stursberg, Kunsthistorikerin